April 7

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Beschaffung (Teil 4): Global Sourcing vs. Single/Multiple Sourcing vs. Modular Sourcing

By Michael Schnepf

April 7, 2021

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In unserer Serie zum Thema Beschaffung haben wir uns bereits den Einkauf (Teil 1 - Beschaffung vs. Einkauf), den Beschaffungsprozess (Teil 2 - Beschaffungsprozess)  und den Wareneingang (Teil 3 - Wareneingangangesehen.  

Was sind die Unterschiede zwischen Sourcing-Konzepten wie Global Sourcing, Single/Multiple Sourcing, Dual Sourcing oder Modular Sourcing? Wir bringen Licht ins Dunkle. In diesem Artikel lernst du alles über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Konzepte.

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Single-, Multiple-, Modular Sourcing - was bedeutet das?

Von Global Sourcing hast du wahrscheinlich schon gehört. Aber weißt du auch was Single-, Multiple- und Modular Sourcing ist? Dann bringen wir mal  Licht ins Dunkle und schauen wir uns einmal kurz an was diese verschiedenen Sourcing-Konzepte sind.

Was ist Global Sourcing?

"Für eine internationale Beschaffung ist charakteristisch, dass Liefer- und Empfangspunkte der Beschaffungsobjekte in verschiedenen Ländern liegen. Bei bewusstem Ausbau zu einer funktionsübergreifenden strategischen Ausrichtung der Beschaffungsaktivitäten spricht man heute häufig auch von Global Sourcing. Der Unterschied zur nationalen Beschaffung liegt in der Berücksichtigung der Besonderheiten internationaler Transaktionen." - (Kuhlang et al., 2010)

Wie zu erwarten war,  befinden sich die Liefer- und Empfangspunkte beim  Global Sourcing  in unterschiedlichen Ländern. Aber der wesentliche Punkt ist, dass es sich um einen bewussten Ausbau einer strategischen Beschaffung handelt, die einen Fokus auf die Spezialitäten von internationalen Geschäften legt.

Was sind Single- und Multiple Sourcing?

Single-Sourcing bedeutet, dass man nur einen Lieferanten je Beschaffungsobjekt hat. Multiple-Sourcing ist der entsprechende Gegenpol zum Single-Sourcing. Hier kommen mehrere Lieferanten pro Beschaffungsobjekt zum Einsatz.

Was ist Modular Sourcing?

"Da sich die Modularisierung bei komplexen Produkten und die Rückführung der Fertigungstiefe zunehmend durchsetzt, reagiert die Beschaffung auf diese Entwicklung mit dem Modular- bzw. System-Sourcing-Konzept. Mit der Beschaffung einbaufertiger Baugruppen oder Systeme werden die Aufwände bei der Beschaffung und Montage durch eine geringe Anzahl an Teilen und Lieferanten reduziert." - (Kuhlang et al., 2010)

Beim Modular Sourcing werden also keine Rohmaterialien beschafft, sondern bereits einbaufertige Baugruppen oder Systeme.

Welches Sourcing-Konzept passt zu deinem Unternehmen?

Global Sourcing: Vor- und Nachteile

Wie bereits vorhin besprochen befinden sich beim Global Sourcing die Liefer- und Empfangspunkte in unterschiedlichen Ländern und es handelt sich zumeist um einen bewussten Ausbau der strategischen Beschaffungsaktivitäten. Dabei liegt der Unterschied zur nationalen Beschaffung in der Berücksichtigung der Spezifika von internationalen Transaktionen.

Es wurde schon immer international beschafft - vor allem in der Industrie. Jedoch haben in letzter Zeit Faktoren wie die internationale Konkurrenz, ein steigender Kostendruck und eine Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit dazu geführt, dass immer mehr Unternehmen international beschaffen. Dazu hat vor allem auch beigetragen, dass internationale Lieferanten immer bessere Qualität zu vergleichsweise niedrigen Kosten bereitstellen können.

Was sind eigentlich die Vorteile von Global Sourcing? Zu den Vorteilen von Global Sourcing zählen:

  • eine höhere Versorgungssicherheit durch Abbau der Abhängigkeit von einem einzigen Beschaffungsmarkt
  • eine Verhinderung von Monopolstellungen der Anbieter auf dem nationalen Markt
  • eine Nutzung des internationalen Know-hows
  • eine Erlangung von Marktkenntnissen und Erhöhung der Exportchancen auf Märkten, in denen das Unternehmen bislang noch nicht präsent ist
  • Ausgleich des Währungsrisikos bei exportabhängigen Unternehmen

(vgl. Kuhlang et al., 2010).

 Doch Global Sourcing bringt nicht nur Vorteile mit sich. Zu den Nachteilen zählen etwa:

  • der Imageverlust durch einen Bezug im Ausland
  • die Gefahr eines ungewollten Know-How-Transfers ins Ausland (zB nach China)
  • Kommunikationsprobleme durch sprachliche und kulturelle Unterschiede
  • höhere Transportrisiken und -zeiten
  • Versorgungsrisiken wegen politischer und wirtschaftlicher Instabilität der Bezugsländer
  • Qualitätsprobleme
  • höherer Aufwand in der Abwicklung

Zur Durchführung von Global Sourcing sind beispielsweise eine logistische Versorgungsstrategie und ggf. Sprachschulungen der Mitarbeiter nötig.

 
Was sind die Vorraussetzungen für Global Sourcing?

Um Global Sourcing betreiben zu können benötigt man:

  • die Durchführung von Beschaffungsmarktstudien
  • die Überprüfung der Qualitätsstandards
  • Lieferantenbewertungen
  • eine logistische Versorgungsstrategie
  • Schutzvereinbarungen damit das Know-How nicht in das Bezugsland abfliessen kann
  • ggf. Sprachschulungen für die Mitarbeiter

(vgl. Kuhlang et al., 2010).

Schauen wir uns zuletzt noch an, welche verschiedenen Formen von Global Sourcing es gibt:

  •  die quasi-nationale Beschaffung: das ist der Bezug von Materialien, die aus im Ausland gefertigten Komponenten bestehen
  • die indirekte internationale Beschaffung: das ist der Bezug von Gütern aus dem Ausland über einen Vermittler, der die Qualität, Preis und Lieferzuverlässigkeit garantiert
  • die direkte internationale Beschaffung: das ist die direkte Beschaffung bei ausländischen Lieferanten
  • die multinationale Beschaffung: hier wird eine eigene Beschaffungsinstitution im Ausland errichtet
  • die weltweit koordinierte Beschaffung: hier kommen Tochtergesellschaften und andere Geschäftseinheiten zum Einsatz um eine weltweite Beschaffung zu ermöglichen

Wir sehen also: Global Sourcing bietet eine Vielzahl an Vorteilen und ist in gewissen Bereichen einfach nötig, um alleine kostentechnisch wettbewerbsfähig zu bleiben. Zugleich ist Global Sourcing allerdings auch mit Nachteilen und einem gewissen Overhead verbunden.

Ein Zwischenschritt zwischen Single Sourcing und Multiple Sourcing kann das Dual Sourcing sein. 

Single und Multiple Sourcing : Vor- und Nachteile

Das Prinzip von Single Sourcing und Multiple Sourcing ist wahrscheinlich das einfachste der hier vorgestellten Konzepte. Im Wesentlichen geht es darum, ein Material entweder nur von einem Lieferanten oder gezielt von mehreren Lieferanten zu beschaffen.

Was sind die Vorteile von Single Sourcing?

  • eine vereinfachte Koordination durch kleineren Lieferantenkreis
  • eine verbesserte Kommunikation durch engere Zusammenarbeit
  • eine verbesserte Qualität durch gemeinsame Qualitätssicherungssysteme
  • Preis- und Konditionenvorteile durch größere Beschaffungsmengen
  • das Ausnutzen von Erfahrungseffekten beim Lieferanten
  • geringere Probleme im Know-how-Schutz

(vgl. Kuhlang et al., 2010).

Was sind im Gegensatz dazu die Vorteile von Multiple Sourcing?

  • die Möglichkeit der Abfederung von Produktionsstörungen und -unterbrechungen beim Lieferanten
  • größere Flexibilität bei Bedarfsschwankungen
  • die Vermeidung von Abhängigkeiten
  • niedrigere Preise durch Wettbewerb unter den Lieferanten

(vgl. Kuhlang et al., 2010).

 Einen Zwischenschritt zwischen dem Single- und dem Multiple Sourcing nimmt das Dual Sourcing ein. Hier wird mit genau 2 Lieferanten pro Beschaffungsobjekt zusammengearbeitet. Dabei erhält man gegenüber dem Multiple Sourcing einen relativ geringen Koordinationsaufwand - aber gleichzeitig ergibt sich eine Risikostreuung, da man nicht nur von einem Lieferanten abhängig ist.

Eine Spezialform des Dual Sourcings ist das Cross Sourcing. Hier gibt es ebenfalls 2 Lieferanten pro Beschaffungsobjekt, aber: es wird dabei die Lieferantenbasis reduziert, indem von jedem Lieferanten mehrere Leistungen bezogen werden. Das bedeutet, dass jede einzelne Leistung von 2 verschiedenen Lieferanten bezogen wird, aber von diesen Lieferanten jeweils auch noch andere Leistungen bezogen werden. Damit nähert sich der Koordinationsaufwand noch weiter an das Single Sourcing an und man hat trotzdem noch die Vorteile der Risikostreuung.

Insgesamt kann gesagt werden, dass es keine perfekte Lösung gibt für die Anzahl der Beschaffungsquellen. In der Praxis ist es oft so, dass die Sourcing Strategie auch vom jeweiligen Produkt abhängt. So kann es Sinn machen für spezifische Produkte eher Single Sourcing zu machen und für Standardprodukt-Massenware Multiple Sourcing.

Modular Sourcing kann den Aufwand der Beschaffung und Montage verringern.

Modular Sourcing: Vor- und Nachteile

Wie wir vorhin bereits besprochen haben handelt es sich beim Modular Sourcing um die Beschaffung einbaufertiger Baugruppen oder Systeme. Durch die daraus folgende geringere Anzahl an zu beschaffenden Teilen wird eine Reduzierung der Aufwände bei der Beschaffung und der Montage erreicht.

Was ist jetzt eigentlich der Unterschied zwischen einem Modullieferanten und einem Systemlieferanten?

Ein Modullieferant kümmert sich hauptsächlich um Produktion und Anlieferung von Komponenten. Im Gegensatz dazu kümmert sich ein Systemlieferant auch zumindest teilweise um Forschung und Entwicklung und baut damit auch tiefgehende Kompetenzen über das Produkt auf (vgl. Kuhlang et al., 2010).

Doch Modular Sourcing umfasst nicht nur die Produktion und Anlieferung von Gütern, sondern auch Montageleistungen. Es können weiters auch Beschaffungsaufgaben wie Disposition, Einkauf, Wareneingang oder Qualitätssicherung an den Lieferanten übergeben werden. Durch die engere Zusammenarbeit ergibt sich natürlicherweise eine längerfristige und partnerschaftliche Beziehung. Es gibt einen vertieften Austausch über die Entwicklung, Fertigung und Logistikprozesse, um damit ständige Verbesserungen und Innovationen entwickeln zu können.

Immer mehr Branchen setzen auf Modular Sourcing. Darunter etwas die Automobilindustrie (bspw. bei Bremssystemen oder Sitzgarnituren), die Computerindustrie (bspw. bei Festplatten) aber auch im Lebensmittelbereich die Milchwirtschaft (bspw. bei Fruchteinlagen für Joghurts).

Fazit: Modular Sourcing ist ein interessanter Bereich und man darf gespannt sein welche zukünftigen Entwicklungen es hier geben wird.

Das richtige Sourcing-Konzept trägt maßgeblich zur Optimierung deines Beschaffungsprozesses bei. 


Praxis Lederhosen AG

Pfuh, das war jetzt eine ganze Menge Theorie oder? Schauen wir uns das Ganze anhand unseres fiktiven Unternehmens der "Lederhosen AG" an.
 
Die Lederhosen AG ist ein mittelständisches Traditionsunternehmen und produziert und verkauft Trachtenmode wie Lederhosen und Dirndln. Dabei gilt es die hauseigenen Laden-Geschäfte sowie den Online Shop und Händler mit Produkten zu versorgen.

Die Lederhosen AG ist ein sehr traditionelles und auch patriotisches Unternehmen, weswegen der Großteil der Produkte nicht nur national sondern sogar regional erzeugt und beschafft wird. Trotzdem wird auch bei der Lederhosen AG laufend überprüft, welche Artikel wie beschafft werden sollen.

Da der Lederhosen AG zuletzt kurzfristig ein langjähriger Lieferant ausgefallen ist und es damit zu Lieferengpässen bei gewissen Produkten gekommen ist, wird nun hinterfragt, wie man dieses Risiko in Zukunft minimieren kann.

Nun ist es so, dass der ausgefallene Lieferant  der einzige Lieferant für gewisse Rohmaterialien war - also Single Sourcing. Die Devise lautet also nun, nicht mehr von nur einem Lieferanten abhängig zu sein. Somit wurde beraten ob man diese Rohmaterialien in Zukunft von einem zweiten Lieferanten (also Dual Sourcing) oder gleich von mehreren Lieferanten (also Multiple Sourcing) beziehen will.
Nach einigen Diskussionen kam man zu dem Entschluss, dass Dual Sourcing der bessere Ansatz ist. Warum? Weil man bereits durch einen zweiten Lieferanten das Risiko gegenüber nur einem Lieferanten deutlich senkt, man aber gleichzeitig auch den Koordinationsaufwand mit verschiedenen Lieferanten minimiert.

In einem zweiten Bereich gab es auch noch Diskussionsbedarf. Und zwar bei der Trachtenuhr "Almwiese". Für diesen Bereich wurden bislang von der Lederhosen AG selbst einzelne Komponenten des Uhrwerks zusammengesetzt - nämlich das selbstproduzierte Ziffernblatt. Dies war allerdings keine wirklich nachhaltige Lösung, da die Lederhosen AG einfach nicht auf den Uhrenbau spezialisiert ist, und somit die Qualität nicht den gewünschten Level erreichte. Aus diesem Grund stieg die Lederhosen AG bei der Trachtenuhr "Almwiese" auf Modular Sourcing um, bezieht somit das gesamte Uhrwerk von einem Lieferanten und "montiert" dann nur noch die Lederarmbänder in der hauseigenen Produktion.

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Über den autor

Mit über 15 Jahren Erfahrung in der Umsetzung komplexer IT- und SAP Projekte für europäische Großunternehmen bringt Michael Schnepf wertvolles Know-How im Digitalisierungsbereich bei Systempilot ein. Im Systempilot Digitalisierungs-Blog und im Systempilot YouTube Kanal gibt er seine Erfahrungen regelmäßig weiter.

Michael Schnepf

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